Der Fuß­ball durch­lebte in den ver­gan­genen Jahren eine stür­mi­sche Zeit. Robert Enkes Suizid in Folge von Depres­sionen, wei­tere Wett­skan­dale und auch die Homo­phobie schüt­telten den Ball­sport in der jüngsten Ver­gan­gen­heit gründ­lich durch. In einem Inter­view mit der Zeit­schrift »Bunte« hat Mario Gomez hat eines dieser Kri­sen­felder auf­ge­griffen und homo­se­xu­ellen Fuß­bal­lern zum Outing geraten. »Wir haben einen schwulen Vize­kanzler, der Ber­liner Bür­ger­meister ist schwul. Also sollten sich auch Fuß­ball­profis zu ihrer Nei­gung bekennen«, sagte Gomez. Hat der Bayern-Stürmer Recht?

Gomez hat es sicher­lich gut gemeint, aber hier zählt nicht nur der gute Wille. Denn die Idee des Coming-Outs als Brust­löser und All­heil­mittel geht an der eigent­li­chen Pro­ble­matik vorbei. Die Homo­phobie wird seit Jahren von zahl­rei­chen Ver­einen suk­zes­sive bekämpft. Schwul-les­bi­sche Fan­klubs arbeiten an der Basis gegen Vor­ur­teile gegen­über Homo­se­xu­ellen. Auch schwul-les­bi­sche Fuß­ball­klubs kämpfen bun­des­weit seit Jahren für mehr Akzep­tanz in der Gesell­schaft. In Köln wurde schon vor Jahren der der Come-Tog­e­ther-Cup aus der Taufe gehoben, der nun jähr­lich in Berlin, Köln und Essen aus­ge­tragen wird. Man hat sich ein »Fuß­ball­fest zur Inte­gra­tion aller Min­der­heiten« auf die Fahnen geschrieben. Im Fokus steht hier jeweils die Basis­ar­beit, um Homo­se­xua­lität in der Gesell­schaft weiter zu ent­ta­bui­sieren. Auch der Ama­teur­fuß­ball steht im Vor­der­grund, der Weg der hier gegangen werden muss, ist noch lange nicht vorbei. Denn primär in den unter­klas­sigen Ligen sind die Anfein­dungen häufig massiv.

Fischen im Trüben

Ein Outing ohne wei­tere Basis­ar­beit würde nicht wei­ter­führen. Ein Bekenntnis eines homo­se­xu­ellen Fuß­bal­lers wäre even­tuell nicht mal mehr för­der­lich – außer für die Medi­en­land­schaft, die seit Jahren auf diesen Moment wartet. Ein Fischen im Trüben, dar­über zu spe­ku­lieren, ob der ent­spre­chende Spieler ange­feindet oder unter­stützt werden würde. Sich damit auf­zu­halten, schafft die Homo­phobie nicht aus der Fuß­ball­welt.
Mit Theo Zwan­ziger wurde zwar die Auf­klä­rungs­ar­beit beim Thema Homo­phobie for­ciert, den­noch reißen die Nega­tiv­bei­spiele nicht ab. Chris­toph Daum bei­spiels­weise setzte Homo­se­xu­elle im Mai 2008 noch mit Straf­tä­tern gleich. Daum bereute die Aus­sage sofort und ruderte olym­pia­reif zurück. Den­noch streuen Aus­sagen wie diese Miss­trauen.
Auch Theo Zwan­ziger selbst machte nicht die aller­beste Figur, als der ehe­ma­lige Schieds­richter-Obmann Man­fred Ame­rell beschul­digt wurde, Schiri Michael Kempter sexuell genö­tigt zu haben. Das Sze­nario glich viel­mehr einer Schlamm­schlacht: Ame­rell wurde als böser Bube dar­ge­stellt, Kempter erst als Vor­bild gehul­digt, dann als Schieds­richter aus den ersten beiden Ligen ver­bannt. Die Posse unter­stützte die Arbeit gegen Homo­phobie nicht, sie unter­grub diese.

Auch die im Sommer von Michael Bal­lacks Berater, Michael Becker, ange­spro­chene »Schwulen-Combo« in der Natio­nal­mann­schaft, die bald auf­fliegen sollte, ist wenig för­der­lich. Die Wort­wahl alleine und die fol­gende Gier nach Namen unter­mauern das Bedürfnis wei­terer Basis­ar­beit.
Mario Gomez lag falsch. Ein Outing steht bei weitem nicht an erster Stelle. Die zahl­rei­chen Ver­eine und Zusam­men­schlüsse, die den Kampf gegen Homo­phobie in die Gesell­schaft und die unteren Fuß­ball­ligen tragen, leisten Kost­ba­reres als jedes Outing dieser Fuß­ball­welt je errei­chen könnte.

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